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Donnerstag, 21. November 2024

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Vietnam, Fernreise zur inneren Mitte

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Saigon, Vietnam; Berlin, Deutschland (Retroreisen). Mit unwiderstehlichem Charme entwickelt sich Südvietnam zu einem bevorzugten Reiseziel in Fernost.

Lotusblueten im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 13.9.2015

Zärtliches Lächeln und heilende Hände

„Immer im selben Bett?“ Mit penetranter Ungeduld meldet sich die Lebenskrise, wenn bisher praktizierte Gewohnheiten an ihre Grenzen stoßen. In unberechenbarer Launenhaftigkeit treibt sie dann plötzlich Menschen jeglichen Alters vor sich her und setzt deren bisheriger Beständigkeit ein jähes Ende. Ein ähnliches Schicksal, wie es auch größere Flüsse heimsucht? So wie den Mekong, dem in ganz Südostasien Beständigkeit und Verlässlichkeit nachgesagt werden.

Doch plötzlich und unerwartet spielt er verrückt. Sollte er etwa beim Überqueren der vietnamesischen Grenze schon ahnen, dass er schon bald auf Nimmerwiedersehen im Südchinesischen Meer verschwinden muss? So scheint er spätestens hier sein bisheriges Lebenskonzept zu überdenken. Mit dem abschließenden festen Entschluss, seine bisherige Identität über den Haufen zu werfen. Wo aber ein Wille ist, da ist bekanntlich auch ein Bett. Und so entscheidet er sich, für den Rest seines Daseins in vielen verschiedenen Betten seine Lebenserfüllung zu finden.

Umladen von Bananen auf dem Floating Market von Cai Be. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 11.9.2015
Junge Frau auf der Cai Be Princess im Mekong-Delta. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 11.9.2015

Schwimmende Märkte

Das Resultat dieses Altersleichtsinns ist ein Deltasystem mit stets neu abzweigenden Flussbetten, von deren Kante offensichtlich niemand herunter gestoßen wird. Denn es sind viele, die sich von diesem Flusswirrwarr angezogen und aufgesogen fühlen. Inmitten eines überaus fruchtbaren Schwemmlandes, in dem versehentlich vergessene Holzstühle angeblich bereits über Nacht Wurzeln schlagen.

Von dieser Üppigkeit zeugen die schwimmenden Märkte, auf denen in aller Herrgottsfrühe von wendigen Booten aus Früchte und Gemüsesorten verschiedenster Art den Besitzer wechseln. Asien in seiner wohl buntesten und vielleicht sogar attraktivsten Form? Mit seinen stets freundlich bis zärtlich lächelnden Gesichtern, wie sie sich von Bord der kleinen „Cai Be Princess“ nahe dem Städtchen Cai Be besonders gut und hingebungsvoll beobachten lassen.

Meerblick über die Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 14.9.2015
Strandatmosphaere im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 13.9.2015

Gepflegtes Understatement

Fast unauffällig dem riesigen Mekong-Delta vorgelagert findet sich die kleine Con Son-Inselgruppe, die man bisher vergeblich in den Reiseführern des Landes suchte. Wohl aus gutem Grund, war doch Con Dao, die Hauptinsel des Archipels, früher eine gefürchtete Gefangeneninsel. Mit Furcht einflößenden Gefängnisbauten, ausgestaltet im effektvollen und zugleich Menschen verachtenden „Papillon“-Stil. So wie sie mit ihren berüchtigten „Tigerkäfigen“ auch anderswo im französischen Kolonialbereich zu trauriger Berühmtheit gelangten.

Doch dann welch ein Imagewandel, als vor wenigen Jahren im Halbkreis der weit ausladenden Sandbucht von Con Dao ein hochkarätiges Resort errichtet wurde. Die geräumigen Strandvillen gearbeitet mit gediegenen heimischen Materialien, für die sich sogar Angelina Jolie und Brad Pitt samt Familie begeistern können. Gepflegtes Understatement auf dem Weg zurück zur Natur, bei dem Wellness in angenehmer und vielfältiger Form praktiziert wird. Berühmt für die individuelle Reise zur inneren Mitte sind die ausgefeilten Yoga-Übungen des indischen Arztes Aneesh mitsamt seinen einfühlsamen Meditations-Anleitungen, mit denen er jeden Tag beginnen lässt.

Berufsverkehr auf den Straßen von Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 12.9.2015
Buddhistischer Tempel Vinh Nghiem in Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 10.9.2015

Kollektives Gedächtnis

Und doch führen nach Tagen der Ruhe und Entspannung alle Wege zurück in die südvietnamesische Metropole Ho Chi Minh City. Von vielen der Einfachheit und der inneren Verbundenheit halber immer noch Saigon genannt. Hierher, wo sich nach dem hektischen Abzug der Amerikaner vor vierzig Jahren der Wechsel hin zur politischen Wiedervereinigung Vietnams vollzog.

Heute noch deutlich sichtbar der Hubschrauber-Landeplatz auf der Dachterrasse des Wiedervereinigungs-Palastes, auf der sich – unvergesslich eingebrannt in das kollektive Gedächtnis – in höchster Panik jene dramatischen Fluchtszenen abspielten, um durch dieses winzige Nadelöhr zumindest noch das eigene Leben in Sicherheit zu bringen.

Kathedrale in Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 10.9.2015
Frühgymnastik im Stadtpark von Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 12.9.2015

Stadt in Bewegung

Eine ganze Generation später hat der Alltag längst von der Stadt Besitz ergriffen. Mit Hotel- und Bürotürmen, die in der Stadtmitte wie Pilze aus dem Boden schießen. Seine unübertroffene Einmaligkeit gewinnt Saigon jedoch als „Stadt in Bewegung“. Nicht allein wegen der von Musik begleiteten gymnastischen Übungen, mit denen die Menschen zu Scharen im Stadtpark den Sonnenaufgang begrüßen.

Vielmehr tragen zu diesem Eindruck Hunderttausende von Mopeds und Motorrädern bei, die sich während der Verkehrs-Stoßzeiten alle gleichzeitig in Bewegung zu setzen scheinen und bis zur nächsten Grün-Phase die Ampelanlagen verbarrikadieren. Doch schon geht es weiter, quirlig und zielstrebig. Aber doch mit einer solchen traumwandlerischen Sicherheit, dass selbst Besucher des Saigon-Flusses mit seinen Lastkähnen oder des Ben Thanh Marktes, selbst beim angepassten Überqueren der Straßen selbst inmitten einer Verkehrswelle nicht um ihre Sicherheit fürchten müssen.

Stilvolles Postamt in Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 10.9.2015

Streit um den Ehrenplatz

Eine Insel der Ruhe findet sich dagegen mitten in der Altstadt, gleich gegenüber der ganz in Rot gehaltenen Kathedrale. In dem wohl schönsten Postamt Asiens, dessen verspielte gelbe Fassade den Besucher ehrfurchtsvoll verstummen lässt. Doch die eigentliche Überraschung vollzieht sich erst in der geräumigen Innenhalle, deren Stirnwand geziert wird von dem Porträt eines sympathisch dreinschauenden Ho Chi Minh. Einst politischer Gegner, der an dieser Stelle natürlich nicht immer einen Ehrenplatz beanspruchen konnte.

Der stand hier in der Mitte der Halle stets einem kleinen, bescheiden auftretenden Gentleman zu. Seit Jahrzehnten sitzt er fast täglich an einem unscheinbaren Tischchen und ist für viele Bewohner Saigons aus ganz praktischen Gründen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Doch wie mit ihm ins Gespräch kommen? Ein kleines ihm präsentiertes Notizbuch hilft schließlich weiter.

Musikerin in The Reverie Saigon. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 11.9.2015

Verpatzter Liebesbrief nach Paris

Bereitwillig stellt er sich darin in Kurzform mit flüssiger Handschrift vor als „Duong Van Ngo, Public Writer, Saigon Central Postoffice“. Mit seinen 85 Jahren, so weiter auf Englisch, der letzte öffentliche Briefschreiber seiner Art. Also jemand, der hier an diesem Stammplatz den Briefverkehr übernimmt für alle, die des Lesens und Schreibens unkundig sind. Wahlweise auf Französisch, Englisch und natürlich Vietnamesisch, wie er erklärend hinzufügt. Früher einmal in besseren Zeiten dreißig Briefe pro Tag. Heute dagegen im Computerzeitalter gerade einmal drei.

Und dennoch keine Aufgabe für jedermann, sondern geprägt von hoher Verantwortung, wie er selbstbewusst hinzufügt. Fragende Blicke zu dieser Anspielung beantwortet er vielsagend mit einem verschmitzten Lächeln. Denn würde ein verpatzter Liebesbrief nach Paris nicht womöglich einer sich anbahnenden Beziehung nicht sogleich ein jähes Ende bereiten? Und eine enttäuschte „Miss Saigon“ wüsste in diesem Notfall nicht einmal genau, was sie denn bis dahin falsch gemacht hätte.

Strandbungalows im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 14.9.2015
Strandvilla im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 14.9.2015

Lebensfreudige Papillons

Der Kreis einer Reise nach Südvietnam schließt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in Nha Trang. Jener belebten Stadt an der Südostküste des Landes, die sich zu einem asiatischen Besuchermagneten gemausert hat. Besonders wegen ihrer endlos langen Strände ein wahres Eldorado für Strandurlauber, die hier, zumindest außerhalb der Monsunzeit, stets einen lupenreinen blauen Himmel vorfinden.

Wer jedoch jenseits des Besucheransturms den Liebreiz der Landschaft ausschöpfen möchte, den zieht es hinüber zum Inselresort von Ninh Van Bay. Noch großzügiger konzipiert als das von Con Dao und reichlich versehen mit echten „Papillons“, die tagsüber in allen Größen und Farben lebhaft in den Baumkronen der Strand-Bungalows ihrer Lebensfreude Ausdruck verleihen.

Massage im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 13.9.2015
Kochschule im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 13.9.2015
Kochzutaten der Kochschule im Six Senses Ninh Van Bay. © Foto/BU: Dr. Bernd Kregel, Aufnahme: Vietnam, 13.9.2015

Zupackende Hände

Und mit ihrem bewegten Spiel alle anstecken, die sich auf ihr nach eigenem Geschmack konzipiertes Tagesprogramm freuen: auf ein Unterwasser-Abenteuer am Hausriff , auf das Erlernen heimischer Kochkünste mit Kräutern aus dem hauseigenen Bio-Garten bis hin zu einem der vielfältigen Massageangebote im stilvoll eingerichteten Spa. Hier beeindrucken besonders Nga und Hue, unter deren zarten und zugleich kräftig zupackenden Händen jeder augenblicklich dahin schmilzt.

Entspannt bis hinunter in den tiefsten Seelenkern. Und zugleich auch in dem Bewusstsein, durch heilende Zuwendung dieser Art bei der Reise nach Fernost an der richtigen Stelle gelandet zu sein. Denn längst hat Vietnam unter all den „Ländern des Lächelns“ inzwischen seinen angemessenen Platz gefunden.

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